Kleine Nicklichkeiten auf der Straße

On Oktober 27, 2009, in Tagschicht, by C.L.

Ja ich gebe es zu, heute auf Hamburgs Straßen war ich ausnahmsweise mal ein Taxiproll. Irgendwie bin ich schon seit Wochen gereizt, nasskaltes Wetter, ein grottenschlechtes Geschäft und eine Erkältung, die nun auch schon seit zwei Wochen nervt, haben dafür gesorgt, dass ich aktuell etwas dünnhäutig bin.
So kam es, dass ich heute Vormittag die Straße An der Aster stadtauswärts mit Fahrgästen entlangfuhr und so wie schon millionenmal zuvor die Spur wechselte. Von hinten kam ein Sprinter mit Schulbus Symbolen angebrettert, dessen Driver erstmal kräftig hupen musste. Nach erneutem Spurwechsel war er dann auf meiner Höhe machte eine Balla Balla Geste mit der Hand. Ich nahm wahr, dass es sich bei dem Fahrzeug um einen Wagen aus dem Fuhrpark von Uwe Stambula handelte, eines Großunternehmers, der vornehmlich Langzeitarbeitslose für ganz kleines Geld beschäftigt und sich einen Teil des Lohnes vom Arbeitsamt holt. Und genauso sah der Willi hinterm Steuer auch aus. Ende 50 mit gelben Zähnen und zerzausten Haaren. Und mit schlechten Manieren, denn bei einem weiteren Blickwechsel zeigte er mir den Stinkefinger.
An der nächsten roten Ampel bin ich dann ausgestiegen und hätte diesem Underperformer am liebsten direkt ein paar auf die F****e gehauen. Von nichts `ne Ahnung haben, aber den Lauten machen, solche Autofahrer hab ich ganz besonders lieb. Ich habe natürlich die Fassung gewahrt, seine Beifahrertür aufgerissen und ihn angemotzt. (Proll sein muss toll sein). Meine Kunden fanden das glaube ich nicht so heldenhaft. Jedenfalls fiel das Trinkgeld recht mickrig aus. Aber auch das sind wir seit Monaten gewohnt.

Und gleich heute Nachmittag dann die nächste Vollpanne Aktion von einem Subunternehmer der Deutschen Post. Ich stehe mit der Taxi in zweiter Reihe am Posten Alstertor, neben mir ist die Fahrspur frei, so dass ich niemanden behindere. Da kommen zwei Osmanen mit dickem Sprinter und halten direkt an den Briefkästen bei der Warburg Bank. Und zwar genauso neben mir, so dass niemand mehr vorbeikommt. Die Jungs machen den Warnblinker an und leeren die Postkästen, dass sie! den ganzen Verkehr blockieren ist scheißegal. Ich bin dann sofort mit der Droschke vor diese Experten gezogen damit der Verkehr weiterfahren kann. Ich konnte mir allerdings nicht verkneifen anzumerken, das diese Aktion ja wohl oberdreist ist. Die Jungs hätten einfach nur zehn beschissene Meter weiterfahren müssen und niemanden behindert. Aber wie schon vermutet kam als Antwort : „Eh das ist mir scheißegal.“

Herr schmeiß Hirn vom Himmel…
Gruß C.L.

 

Unfassbar I und II

On Oktober 24, 2009, in Tagschicht, by C.L.

Gestern Abend haben wir uns nach der Pause gegen 22.40 Uhr zu zweit am Posten Alstertor aufgestellt. Wir dachten, es sei eine gute Idee dort zum Ende der Othello Vorstellung des Thalia Theaters auf Kunden zu warten. Ich habe eine Fahrt bekommen und die ging sogar nach Wellingsbüttel. Mein Kollege allerdings nicht. Derselbe Kollege durfte letzte Woche erleben, wie nach dem Ende der Vorstellung im Ernst Deutsch Theater kein einziges Taxi benötigt wurde. Soviel zum Bedarf an Taxen im wohlhabenden Hamburg.
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Nach Wellingsbüttel sollte ich über Bramfeld und Sasel fahren. Die Kundin erzählte der Anfang vom Wellingsbütteler Weg sei Einbahnstraße, da mal wieder an der Bahn Brücke gebaut wird. Um 23.15 Uhr lud ich aus und wollte direkt zum Flieger durchstarten um vielleicht noch einen Urlauber am Terminal 1 abzugreifen. Leider ist der Wellingsbütteler Weg zu diesem Zeitpunkt bereits Sackgasse gewesen. Eine Passantin mit Hund sagte mir beim Wenden ich könne auch nicht über den Friedhof fahren, weil das Tor ab 21 Uhr geschlossen wird. Sie bedauerte meine Zunft und meinte, sie wäre ja schon genervt, wenn sie morgens und abends durch die vielen Bautellen und Endpässe zur Arbeit fahren müsse. Was Hamburg sich da dieses Jahr geleistet hat ist einfach unfassbar dreist und eine Zumutung für die 1 Million Autofahrer dieser Stadt.
So musste ich einen ca. 10 Kilometer langen Umweg über das AEZ machen, kam erst im 23.45 Uhr am Flieger an und bekam natürlich keine Tour mehr ab.

Gruß C.L.

 

Taxifahren in Hamburg 1959 – auch damals schon die gleichen Themen vom „Giezkragen“ bis „Tourenklau“

Eine interessante Reportage. Was wären wohl 12 Mark am Tach heute wenn man die Inflation berechnet?

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Auch weil der Beitrag „Darum habe ich mich selbständig gemacht“ laut Statistik seit Monaten der am meisten Gelesene ist, schreibe ich heute ein paar Zeilen zu meiner ersten Droschke.

Rückblick : Ende 2004 war meine Reha beendet, nach einem Motorradunfall mit diversen Knochenbrüchen im Sommer 2004 und einem Hansa Unternehmer, der mich während meiner Arbeitsunfähigkeit kündigte, entschloss ich mich zukünftig selber Taxenunternehmer zu sein.
Weil ich vielleicht eine Fehltour und / oder Kurztour zuviel hatte erstmal ohne Funk.
Die Suche nach einem geeigneten Fahrzeug war nicht schwierig. Taxi Kollegen verwiesen mich auf einen Unternehmer, der bereits im Herbst 2003 die Schnauze vom Taxifahren voll hatte und der seinen Wagen abgemeldet bei Mama in der Tiefgarage stehen hatte.
Sein O-Ton beim damaligen Gespräch : „Als das Finanzamt Geld von mir sehen wollte, habe ich denen einfach meine Konzession eingetütet.“ :-)
Für ein Taschengeld erwarb ich einen Mercedes 250D Baujahr 1991 mit 498.000km auf der Tacho. Der Wagen war natürlich hellelfenbein lackiert und hatte bereits Taxameter und Dachzeichen an Bord. Innen war der Wagen ab Werk mit roten Kunstleder (MB Tex) ausgestattet, was ihm einen Touch von „Porno“ verlieh. So urteilten zumindest diverse Kunden in der Nachtschicht.
Zu dritt haben wir einen kompletten Tag gebraucht die Karre wieder fahrbereit zu machen, da wurden Kabel geflickt, damit die elektrischen Fensterheber wieder ihren Dienst taten, die Duoventile (Heizung) wurden mit leichten Hammerschlägen wieder gängig gemacht, diverse Lämpchen erneuert und die Batterie mittels einen speziellen Ladegerätes reaktiviert.
Nach 10 Schichten hatte ich den Kaufpreis erwirtschaftet und war heilfroh in diesen launischen Gewerbe ohne Schulden arbeiten zu können. Während Kollegen mit finanzierter Protz E-Klasse 7 Tage Woche machen, hatte ich am Wochenende immer frei und Zeit für Familie, Beziehung und Kumpels. Denn ich arbeite um zu Leben und das soll auch so bleiben.

Den Wagen habe ich 2005 und 2006 insgesamt 60.000km gefahren und 3000 € an Wartung / Verschleiß investiert. Mit 555.000km habe ich den Wagen im Dezember 2006 an einen befreundeten Unternehmer verkauft, der ihn letzte Woche abgegeben hat. Vorher allerdings hat der W124 Benz weitere 165.000km (doppelt besetzt) Geld verdient. Insgesamt 720.000km hatte der Wagen auf der Uhr, bis zuletzt verhielten sich Motor und Automatik unauffällig. Weg musste der Wagen wegen Rostproblemen, so blühte das Blech an unzähligen schlecht reparierten Unfallschäden und im Hinterachsträger wütete der Rost so heftig, das sich umfangreiche Schweißarbeiten nicht mehr rechneten.

Mensch ED, ich werde dich mit dem Rammstein Logo auf dem Heckdeckel auf Hamburgs Straßen vermissen und hoffe mein jetziger ED hält auch 500.000km durch.

Bis heute kann ich die Kollegen nicht verstehen, die sich wegen einem Neuwagen bis auf`s Blut selber ausbeuten. Ich habe nicht nur gelernt betriebswirtschaftlich zu denken (Für Kosten, die ich nicht habe, muss ich auch keine Überstunden mache), sondern meine Erfahrung zeigt auch, das eine gute Taxifahrt nicht vom Alter des Wagens, sondern von der Einstellung des Fahrers abhängt.

Gruß C.L.