Seit Anfang 2005 bin ich in Hamburg nun selbständig mit meiner eigenen Taxi. Abgesehen von dem Gefühl der persönlichen Freiheit, hat mich diese Aktion finanziell kein Stück nach vorne gebracht. Es drängt sich der Eindruck auf, dass das Gewerbe immer mehr in Richtig Niedriglohnarbeit abdriftet, obwohl der Kunde den Eindruck hat, eine Taxifahrt ist teuer bzw. eigentlich unnötiger Luxus.
Auffällig ist, dass seit Anfang des Jahres etliche alteingesessene Einzelunternehmer ihre Selbständigkeit aufgegeben haben und wieder als angestellte Fahrer arbeiten. Sie alle haben herausgefunden, dass es sich nicht mehr lohnt, ein Taxi zu betreiben. Die Einnahmen stagnieren trotz diverser Tariferhöhungen seit Jahren, die Kosten allerdings kennen nur eine Richtung. Auch beim Hansafunk wollen in diesem Jahr wieder einige Unternehmer ihren Genossenschaftsanteil verkaufen, weil hohe Umsätze immer hohe Kosten und hohe Steuern nach sich ziehen. Hier wie dort hat man das Gefühl, man ist ein Hamster im Laufrad. Man kann ackern und ackern und verteilt seine hart erwirtschaftete Einnahme lediglich großzügig.
Dazu ein Beispiel :
Ein alleinfahrender Unternehmer macht 40.000€ Jahresumsatz. Dafür hat er 2700 Stunden in elf Monaten gearbeitet, 245 Stunden im Monat. Von den 40.000€ Umsatz gehen an Betriebskosten 20.000€ drauf, für Krankenkasse und eine kleine Altersvorsorge weitere 7000€. Als Einkommen sind 13.000€ zu verteuern, davon gehen 1000€ Steuern runter. Verdient hat der Unternehmer also 12.000€, oder 1000€ netto im Monat. 70% seiner Einnahme verpuffen in Kosten, sein eigentlich guter Umsatz schmilzt wie Schnee in der Sonne.
Oben skizziertes Beispiel ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten total grotesk, was zwangsläufig Fragen nach sich zieht :
Warum macht denn der Unternehmer in seinen 2700 Stunden nur 40.000€ Umsatz ?
Weil es in Hamburg ein politisch gewolltes Überangebot an der Dienstleistung Taxi gibt. 3600 Taxen stehen 60-80% ihrer Arbeitszeit rum und warten auf Kunden.
Weil fast alle Taxifahrten, die nicht mit dem Flughafen zu tun haben, lediglich einen Fahrpreis zwischen 6 und 12€ bringen. Der Kunde fährt für 10€ Taxi, der Taxifahrer verdient an dieser Tour lediglich 3€. Der Kunde denkt, für 10 Minuten Fahrt ist das aber teuer, der Taxifahrer denkt, da bleibt für mich ja fast nichts hängen.
Wo bleiben 20.000€ Betriebskosten?
Zuerst einmal sind fast alle Taxen in Hamburg finanziert. Der Grund ist keinesfalls die gute Geschäftslage, die dazu führt, dass Neuwagen angeschafft werden. Im Gegenteil, die mangelnde Kapitaldecke sorgt dafür, das gute Gebrauchte nicht bar bezahlt werden können. Innerhalb von zehn Jahren hat sich der Dieselpreis nahezu verdoppelt, leider verbrauchen moderne Diesel im Stadtverkehr nicht weniger Kraftstoff, als früher. Die Versicherungsbeiträge für das Taxengewerbe sind extrem hoch und nicht vergleichbar mit privaten Pkw`s. Allein diese drei Posten kosten monatlich ca.1200€
Den Rest verschlingen viele kleine Kostenblöcke. Pflichtbeiträge für die Berufsgenossenschaft, die Handelskammer und die GEZ. Besonders die GEZ nervt höllisch, weil sie für Privathaushalte und Gewerbetreibende doppelt kassieren darf. Der Flughafen darf Gebühren für die Bereitstellung von Taxen kassieren, Funkzentralen und/oder Mytaxi buchen größere oder kleinere Beträge ab. Hier mal eine Inspektion, dort mal zwei neue Reifen, Gebühren für Kreditkartenzahlungen und 7% Umsatzsteuer, die in jeder Taxifahrt enthalten ist. Nicht zu vergessen jährliche Besuche beim Eichamt und beim Taxen TÜV, Gebühren für die Taxischein-, sowie die Konzessionsverlängerung.
Selber hat man nur wenige Möglichkeiten, dieser finanziell unerfreulichen Entwicklung etwas entgegen zu setzen. In der Regel werden eben noch mehr Stunden gekloppt, was familiäre und gesundheitliche Konsequenzen hat. Oder man fährt die Kosten runter wo es machbar ist. Manchmal auf Kosten der technischen Sicherheit der Fahrzeuge, fast immer, indem man die Altersvorsorge galant ausblendet.
In den letzten Monaten höre ich vermehrt von Kollegen sie haben keine Lust mehr, es ist alles sinnlos, das Taxengewerbe wird in Hamburg konsequent gegen die Wand gefahren.
Die Aufsichtsbehörde (BWVI) lässt uns am langen Arm ausbluten, das Verhältnis zwischen Behörde und Taxenunternehmer ist nachhaltig gestört. Zuletzt gab es eine großanlegte Kontrolle am Hamburger Flughafen, wo wir fast eine halbe Stunde daran gehindert wurden, Kunden an den Terminals einzuladen. Die Kontrolle fand ausgerechnet kurz nach 9.30 Uhr statt, wo doch jeder weiß, dass um 10 Uhr viele Fluggäste Taxi fahren wollen. Die sind dann in Scharen genervt in die S-Bahn gestiegen.
Da wir keine Lobby haben und in der Regel als Einzelkämpfer unterwegs sind, haben wir keine Macht, unsere wirtschaftliche Situation zu verbessern. Hamburg hat viel zu viele Taxen, die unproduktiv sind und einen Tarif, der bei Kurztouren keinen nennenswerten Gewinn abwirft. Der Steuerfreibetrag von 7700€ im Jahr ist absolut lächerlich, der Staat müsste Taxen von der Öko- und Kfz. Steuer befreien.
Irgendetwas ist mächtig falsch gelaufen, wenn 2012 derselbe Umsatz gefahren wird, wie vor fünfzehn Jahren. So sagen übereinstimmend alle Kollegen, die schon lange auf dem Bock sitzen.
MfG C.L.