Taxi Notstand in Hamburg – echt jetzt ?
Heute berichtete die Hamburger Morgenpost über einen Taxi Notstand in der Hansestadt. Der recht knapp gehaltene Artikel liest sich allerdings eher wie ein Hansataxi Werbeflyer, anstatt eine objektive Berichterstattung abzuliefern.
Kommen wir also zügig zu den Fakten:
Die Woche hat 168 Stunden und in vielleicht 10% dieser Stunden übersteigt die Nachfrage nach Taxen das Angebot. Bedeutet im Umkehrschluss, genau wie auch bereits vor der Corona Pandemie herrscht 150 Stunden in der Woche ein Fahrgastmangel für die Taxifahrer.
Ich gestehe gerne zu, dass es im September mit der Taxiverfügbarkeit mäßig war, hatten wir doch zwei große internationale Messen, die uns wirklich gut beschäftigt haben. Andererseits bin ich sehr sicher, dass es im 1. Quartal 2023 quasi nichts zu tun geben wird, weil jedes Jahr relativ schleppend wieder anläuft. Ansonsten kann man gerne mal den Begriff „Stagflation“ googlen und durchdenken, was das (nicht nur) für das Taxigewerbe bedeuten könnte.
Die Pandemie, aber auch die Verkehrspolitik, immer neue Regeln, Kosten und Auflagen haben dafür gesorgt, dass sich etliche Taxi Urgesteine entnervt aus dem Gewerbe verabschiedet haben. In meinem engeren Taxi Freundeskreis hat diese Woche jemand endgültig die Konzession zurückgegeben, ein weiterer will im Mai 2023 aufhören. Ein dritter Kollege arbeitet nur noch 3-4 Tage in der Woche und auch ich selber habe keine Motivation mehr, bei derartig miesen Rahmenbedingungen 10-12 Stunden im Taxi zu sitzen. Allein die Baustellensituation an allen Ecken und Enden der Stadt ist eine Zumutung. Und es ist ernüchternd, was vom Umsatz am Jahresende als Nettoertrag wirklich übrig bleibt.
Der Mindestlohn ist zum 01.10.22 auf 12 Euro/Stunde gestiegen und zusätzlich haben die Mehrwagenbetriebe deutlich höhere Kosten, vor allem durch einen Dieselpreis, der satte 40% höher liegt, als noch 2021. Fraglich also, ob sich Fahrpersonal überhaupt noch rechnet und gesetzeskonform entlohnt werden kann?
Auch der starre und praxisfremde Taxitarif spielt eine Rolle bei der Bedienfähigkeit. In der Rush Hour mit Dauerstau wird die Innenstadt von vielen Kollegen gemieden, weil der Fahrpreis ausschließlich nach Strecke berechnet wird und den Zeitfaktor völlig ausklammert. Auch morgens um 5Uhr und am Wochenende nach Mitternacht gibt es nicht die Möglichkeit vom Kunden einen Mehrpreis zu verlangen. Wo ist da also die Motivation sich die Nacht um die Ohren zu hauen und angesoffenes Volk zu kutschieren? Meine Nachtschichten liegen bereits zwanzig Jahre zurück und ich kann mir lebhaft vorstellen, wie sich heute im Taxi aufgeführt wird.
Als kleinen Seitenhieb in Richtung der Stadt Hamburg kann ich mir natürlich auch nicht verkneifen auf Moia hinzuweisen. Die VW Tochter wird ja in Hamburg ständig hofiert und hat gerade ihre Konzession um weitere zwei Jahre verlängert bekommen. Sollen die doch die vielen Kunden wegfahren, wenn wir das angeblich nicht schaffen. Vielleicht sind dann die tiefroten Bilanzen zukünftig nur noch hellrot.
Zu diesem Thema gäbe es noch viel mehr zu sagen, aber damit will ich es zum Ende dieser Woche gut sein lassen.
Grüße C.L.