Zuckerbrot und Peitsche – weitere Gedanken zu Elektrotaxen
Stand heute gibt es in Hamburg vierzig Taxen, die vollelektrisch betrieben werden. Der Anteil wird sich in den nächsten Monaten auf einhundertdreizig Fahrzeuge erhöhen, die jeweils mit 10.000€ vom Hamburger Senat bezuschusst werden. Obwohl im Jahr 2022 weitere einhundertsiebzig Taxen mit einem Zuschuss von 5000€ rechnen können, muss man attestieren, dass die Skepsis der Kollegen gegenüber Elektromobilität beachtlich ist.
Wie man leichtfertig Vertrauen verspielt, anstatt in einen vernünftigen Dialog über umweltfreundliche Mobilität zu kommen, zeigt dieses Beispiel:
Ab dem 01.10.2021 bekommen Elektrotaxen am Flughafen Hamburg direkt vor dem Terminal 1 und 2 eine „Pole Position“ und müssen sich nicht wie alle anderen Kollegen einreihen. Hätte ich diese Information nicht selber gelesen, würde ich denken, es handele sich um einen ganz schlechten Scherz. Elektrotaxen werden also bevorzugt behandelt, wer ein Hybrid Taxi fährt, oder sich erst vor wenigen Monaten eine schicke neuen E-Klasse gekauft hat, muss mit noch längeren Wartezeiten am Flieger rechnen. Einmal mehr werden wir vor vollendete Tatsachen gestellt.
Infoflyer E-Taxen Hamburg Airport
Macht völlig willkürliches Beispiel Schule, werden möglicherweise auch der Hansafunk und Free Now nachziehen und Elektrotaxen bevorzugt vermitteln. Zusammen mit massiv steigenden Dieselpreisen durch die C02 Steuer handelt es sich um ein geeignetes Druckmittel, um uns Taxiunternehmer (mehrheitlich Kleingewerbetreibende!!!) zum Umstieg zu nötigen.
Dabei werden alle Argumente gegen Elektromobilität galant unter den Teppich gekehrt. Die Umweltbelastung durch die Produktion eines PKW, der Abbau und Transport von Bodenschätzen zur Herstellung des Akkus, Garantie und Lebensdauer des Akkus, die spärlich vorhandenen Ladesäulen, der vergleichsweise hohe Anschaffungspreis, eine verminderte Nutzungsdauer durch Akkudefekte = wirtschaftlicher Totalschaden.
Stattdessen sind die Kollegen völlig zu Recht abwartend, wenn es um zukünftige Investitionen geht, immerhin haben wir von März 20 bis Juni 21 nichts verdient. Niemand kann abschätzen, wie sich das Geschäft im Zuge von Home Office und einem moralischen Zeigefinger bei Inlandsflügen entwickeln wird. Vielfach haben die Kollegen zusätzlich zur Fahrzeugfinanzierung weitere Schulden angehäuft, da ist es schon ungebührend, wenn man ohne Not fordert 40.000€ für ein Elektrotaxi auf den Tisch zu legen. Zudem zeigt die Erfahrung, dass die Fahrzeugqualität selbst beim ausgereiften Diesel zuletzt ordentlich gelitten hat. Wie wird sich da ein Elektrotaxi im Gewerbeeinsatz über mehrere 100tkm bewähren?
Natürlich hat dieser Aktionismus mit dem ITS Kongress zu tun, der im Oktober 2021 in Hamburg stattfindet. Es bleibt zu hoffen, dass nach diesem Event wieder erheblich mehr Vernunft in die Mobilitätsdiskussion einkehrt.
Abschließen möchte ich mit einem Zitat aus einem Leserbrief in der Welt:
„Glaubt jemand ernsthaft, ein uneitler Altfahrzeug Besitzer, der seinen Diesel 10 oder 12 Jahre hält, sein ein größerer Umweltsünder als jemand, der sich alle 2-3 Jahre ein neues E-Auto leistet?“
Grüße C.L.