Was hat sich eigentlich alles verändert ?

On November 30, 2014, in Tagschicht, by C.L.

Diese Frage stellte mir vor ein paar Tagen ein Kunde, als ich ihm sagte, ich fahre bereits seit zwanzig Jahren Taxi. Tja was hat sich alles verändert ?

Eine ganze Menge, allein wenn man sich nur einen Zeitraum von zehn Jahren anschaut. Wirtschaftlich ist das Taxigewerbe von Krise zu Krise geschlittert. Der Hype und Zusammenbruch der Aktienblase, die US Immbolienblase, die Eurokrise, kaum messbares Wirtschaftswachstum, Zukunftsängste. So ist das Geschäft und die Einnahme seit Jahren eine Berg- und Talfahrt mit immer höheren Peaks sowohl nach oben, als auch nach unten.

Technische Innovationen finden sich auch beim Arbeitsplatz Taxi wieder. Manch ein Kollege hat regelrecht Angst vor technisch überkomplexen Fahrzeugen, bestückt mit unzähligen Steuergeräten, Sensoren und manchmal störanfälliger Elektronik. Taxen werden heute nicht mehr zehn Jahre gefahren, sondern aus Angst vor unkalkulierbaren Reparaturen zeitig ersetzt.

Kunden und Kollegen finden sich heute über eine App. Bestellung und sogar für die Akzeptanz von Kreditkarten gibt es einige Apps. Vorbei die Zeiten, wo Tourenmakler die Kollegen nach Belieben abkassieren konnten.

Das Smartphone (ständiger Begleiter des Menschen) hat die Kommunikation bei einer Taxifahrt nachhaltig eingeschränkt. Ich finde es manchmal doch etwas schade, wie wenig im Taxi gequatscht wird.

Der Verkehr war zumindest im Jahr 2014 in Hamburg durchgehend zähflüssig und hat mächtig genervt. Dazu bereits erwähnte ignorante Radfahrer und träumende Fußgänger, die öfters fast auf meiner Motorhaube gelandet wären.

Ganz sicher bröckelt unser Geschäft durch Car2Go, DriveNow und durch diverse Limousinenservice Anbieter. Dazu VIP Shuttles nahezu aller namhaften Automobilhersteller zu bestimmten Anlässen. Interessant, dass sich die Taxibehörde beim Rechtsstreit mit Uber so klar pro Taxi positioniert hat. So wird offenbar doch honoriert, dass 60% der Taxen in Hamburg freiwillig mit Fiskaltaxameter arbeiten.

Da ich mein Geld in der Innenstadt und am Flughafen verdiene merke ich auch zunehmend, wie sich die Tourenqualität verändert. Während eine Flughafenfahrt im Schnitt 25€ bringt, wird im Zentrum kaum mehr als 10€ für eine Fahrt bezahlt. Daher ist es wenig verwunderlich, dass die Lust in der Innenstadt zu fahren bei mir immer weiter abnimmt, da die Wartezeiten am Flieger und in Stadt nur unwesentlich variieren. Selbst Hansataxen sieht man zunehmend am Flieger. Nach drei Funk Kurztouren brauchen wohl auch diese Kollegen mal eine Abwechslung.

Zuletzt befindet sich das Gewerbe in einem Umbruch, dessen Ausmaß schwer abzuschätzen ist. 2014 sind gut zweihundert Taxen vom Markt verschwunden, weitere werden folgen. Mindestlohn, Arbeitszeitbegrenzung und Fiskaltaxameter sind für viele Mehrwagenbetriebe ein unüberwindbares Hindernis. Der Stundenumsatz und die Auslastung bleiben problematisch.

So hat sich in den letzten zehn Jahren zwar vieles verändert, aber noch nichts verbessert. Wir alle sind wahnsinnig gespannt auf 2015. Werden Kunden am Taxistand auf eine freie Taxi warten müssen, so wie wir es betriebswirtschaftlich bräuchten ? Bei Aldi und Mc Doands sind auch nicht 5 Kassen für einen Kunden geöffnet.

Fette Beute im Dezember wünscht C.L.

 

Schon das gesamte Jahr 2014 kann ich mich nur wundern, was auf Hamburgs Straßen täglich abgeht. Das Wort Verkehrsfluss kann man wohl bald aus dem Duden streichen, mich begleiten Störungen im Straßenverkehr mittlerweile bei fast jeder Fahrt.

Morgens um 9 Uhr am Flughafen hofft man schon fast darauf, dass der Kunde nicht ins Zentrum will. Eppendorf ist mit seiner Tarpenbekstraße ganztägig überlastet, selbst um 13 Uhr ist dort kein zügiges Vorankommen möglich. Dasselbe auf der Sengelmannstraße. Bedingt durch die Baumaßnahmen auf der Fuhle ist auch hier immer Stau angesagt. Dazu z.B. der chronisch überlastete Ring 2 und die A7, wo mein Navi lustig zwischen gelben und roten Symbolen hin- und her wechselt. Nein das Autofahren in Hamburg macht keinen Spaß mehr. Früher hatte ich ein Motorrad und einen Hobby Mercedes – alles verkauft, ich bin froh wenn mein Taxi steht und ich mich nicht durch den Verkehr quälen muss.

Richtig ätzend finde ich aber auch das Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer.
Das Halten und Parken in zweiter Reihe ist ein ständiges Ärgernis, ebenso das notorische Schleichen auf großen Hauptstraßen. Früher war es völlig normal im Stadtverkehr 60-70km/h zu fahren, heute schaffen es viele kaum noch auf 50km/h zu beschleunigen. Profis im Straßenverkehr treffen auf Kleinwagenbesitzer, die natürlich beim Fahren keine Emotionen entwickeln können, oder auf überforderte Car2Go Nutzer, die keine ausreichende Fahrpraxis besitzen. Wenn ich dann gleichzeitig von schweren, oder gar tödlichen Verkehrsunfällen lese, kann ich mich nur wundern. Rasen geht doch überhaupt nicht mehr. Wie hat es beispielsweise ein Ford Mustang Fahrer geschafft, an einem Freitag morgen in der City Nord seinen Wagen so über eine Verkehrsinsel rutschen zu lassen, das alle Achsen gebrochen sind ? Ich war zeitgleich im erhöhten Standgas unterwegs Richtung Alstercity.

Und dann natürlich die Radfahrer, die selbst auf den verkehrsreichsten Hauptstraßen auf der Fahrbahn fahren. Das Verhalten der Radfahrer ist regelmäßig grenzwertig. Da schlängelt man sich an roten Ampeln zwischen den Autos durch, fährt nebeneinander durch kleine Wohnstraßen, oder ohne Licht in einem Höllentempo auf der Kieler Straße oder Alsterkrugchaussee. Dabei ist es mir völlig egal, ob das Radfahren auf der Straße erlaubt ist. Es ist brandgefährlich und nervt Mitmenschen, die am Ende eines langen Arbeitstages vielleicht doch irgendwann mal zu Hause ankommen wollen.

In einer Stadt mit knapp zwei Millionen Einwohnern und einer guten Million Kraftfahrzeugen wäre erheblich mehr Rücksicht zwingend notwendig. Ja das schreibt tatsächlich ein Taxifahrer. Ich bin aber jemand, der seine Kunden in einer Parklücke oder einer Garagenausfahrt ein-, und aussteigen lässt und nicht minutenlang alles blockiert, so wie leider viele meiner Kollegen.

Auch eine Baustellenkoordination sollte endlich mal stattfinden. Natürlich erwarte ich, dass an neuralgischen Punkten rund um die Uhr gearbeitet wird, damit der Engpass auf der Straße schnellstmöglich behoben werden kann. An die Überdeckelung der A7 mag ich noch gar nicht denken. Spätestens dann wollte man sich einen Home Office Job suchen, oder besser gleich in Frührente gehen.

Es grüßt C.L.