Moin aus Hamburg,

Mercedes Benz und Taxifahrer haben seit jahrzehnten ein inniges Verhältnis. Bis in die 90`Jahre hinein war fast jedes Taxi ein Produkt aus Sindelfingen. Mit dem /8, dem 123´ und dem 124´hat Mercedes sein Werbeversprechen „Das Beste oder nichts“ in Stahl, Leder und Chrom gestanzt.

Mittlerweile verblasst der Stern automobiler Ingeniurskunst zunehmend. Die aktuelle Mercedes E-Klasse W213 bekam in diesen Tagen seine Modellpflege verpasst und wird somit im fünften Jahr produziert. Fast 50% der 3200 Taxen in Hamburg dürften zu dieser Baureihe zählen. Einen besonderen Schub erhielten die Zulassungszahlen 2018 durch eine Umweltprämie von 10.000€ über Listenpreis, wenn man seinen alten Diesel in Zahlung gab. 

Natürlich gibt es etliche Erfahrungen zu dem Fahrzeug, die Oberklasselimousine ist schick, stylisch und verbraucht trotz des Gewichts überraschend wenig Diesel. Allerdings trüben Detailfehler das Bild, vor allem, wenn man die älteren Mercedes Benz Modelle kennengelernt hat.

Das fängt bei Kleinigkeiten an. Jede Taxi E-Klasse hat einen Schiebedachschalter im Dachhimmel, obwohl 80% der Taxen diese Sonderaustattung gar nicht haben. Nennt sich Gleichteile und spart dem Konzern Geld. Die Tankklappen sind aus Plastik und verabschieden sich in der Waschanlage beim Trocknungsvorgang. Die ersten W213 hatten ernsthaft H7 Licht  und LED Licht sollte aufpreispflichtig sein. In der Grundaustattung gibt es auch keine Holzapplikationen mehr, sondern silber lackierte Plastikelemente. Wer Holz möchte muss erstmal mit 1000€ extra aus dem Beutel für das sog. Avandgarte Interiour. Zudem sind die Lüftungselemente aus Platik und sehen lediglich aus als wären sie aus edlem Aluminium.

Bei 250tkm nach drei Jahren Nutzungsdauer hatte ein Taxikollege einen Steuerkettenriss. Anstatt sich kulant zu zeigen, sagte ihm der zuständige Mitarbeiter es täte ihm leid, aber da kann man nichts machen.

Und immer öfter hört man beim Vierzylinder Diesel (OM654) es gibt Probleme mit den Schlepphebeln und den Nockenwellen. Anbei Bilder von dem Schaden aus dem Motortalk Forum.


Bei meinem Kumpel mit S213 Erstzulassung Sommer 2019 trat dieser Schaden bei 95tkm auf. Nicht nur wegen der aktuellen Corona- / Wirtschaftskrise bin ich froh meine 12 Jahre alte Droschke behalten zu haben.

Grüße C.L.

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Kurztest W212 Taxi Kombi

On April 9, 2010, in Aktuell, by C.L.

Heute Nachmittag bin ich mit einem Taxikollegen die aktuelle Mercedes Benz E-Klasse probegefahren. Obwohl der W212 jetzt schon seit einen guten Jahr auf den Straßen zu sehen ist, bin ich mit der kantigen Optik und den merkwürdig ausgestellten hinteren Kotflügeln nicht so wirklich warm geworden. Trotzdem hatte ich eine hohe Erwartungshaltung, weil ich noch nie ein Fahrzeug bewegt habe, was erst 1600km auf der Uhr hat.

Ausstattung : Mercedes stellt für das Taxengewerbe vorproduzierte Fahrzeuge her, die über eine solide Ausstattung verfügen und im Vergleich zur Privatkundschaft noch moderat im Kaufpreis sind. Das Taxi verfügt serienmäßig über Kunstledersitze inkl. Kindersitzen im Fond, 5 Gang Automatik, Sitzheizung, Klimaautomatik mit Motorrestwärme, Partikelfilter mit Abgasnorm Euro 5. Optional kann man u.a. ein Spiegeltaxameter, Multikontursitze und ein Schiebedach ordern.

Ambiente : Der Innenraum des W212 wirkt weder besonders wertig, noch wurde er mit Liebe zum Detail gestaltet. Die Türverkleidungen wirken mit ihrem strukturierten Plastik billig und klobig, auch durchgehende Lautsprecherabdeckungen auf dem Armaturenbrett und der Hutablage sehen ein bisschen grobschlächtig aus. Die Sitze im Fond sind bretthart, die vielen Schalter der Mittelkonsole eher verwirrend als induktiv zu bedienen. Die Holzapplikationen sind dunkler geworden, Wurzelnuss wurde komplett aus dem Programm gestrichen. In der Avantgarde Ausführung gibt es nun statt schicken schwarzen Vogelaugenahorn gebürstetes Aluminium. Wie ein schicker Innenraum aussehen kann zeigt eindrucksvoll der Audi A6, während man sich hier allenfalls in einem VW Passat wähnt.

Fahrverhalten : Die aktuelle E-Klasse fährt souverän und unproblematisch durch den Hamburger Verkehr, die Automatik schaltet ruckfrei, die Bremsen sind eher defensiv ausgelegt, das Fahrwerk bügelt Bodenwellen, geflickte Stellen im Belag, und unzählige Schlaglöcher gut weg. Für mich könnte es einen Tick straffer sein, ich denke aber die Kunden werden den Komfort als gut bezeichnen.

Verbrauch : Hier ist der E-Klasse Kombi glatt durchgefallen. Wie mir schon einige W212 Besitzer berichteten ist der Verbrauch wegen dem hohen Gewicht und dem serienmäßigen Partikelfilter nicht zeitgemäß. Wie Mercedes Benz 7 Liter im Stadtverkehr angeben kann will sich mir nicht erschließen und hat mit der Realität auf Hamburgs Straßen nichts zu tun. Ich habe den Wagen durch die Stadt rollen lassen und eigentlich nicht über 2500u/min. gedreht. Der Bordcomputer wies 10,5 Liter/100km als Verbrauch aus. Es steht zu befürchten, dass der Wagen mit Klimaanlage im Stadtverkehr annährend 12 Liter verbrauchen wird. Sollte ich mir irgendwann mal einen Neuwagen zulegen, so steht ganz oben auf dem Wunschzettel ein realer Stadtverbrauch von max. 8 Litern.

Die aktuelle E-Klasse kostet als Limousine ab 29.900 € (Kombi 30.900€) netto und kann zu 2,99% finanziert werden. Ich werde mir in absehbarer Zeit sicher keinen Neuwagen zulegen. Solange man in Hamburg oft mit einer Tageseinnahme um die 100 € nach Hause fährt ist gar nicht daran zu denken mit so einem Fahrzeug zu arbeiten. Und solange unsere Kundschaft für 5 € um die Ecke fahren kann, ist der Kauf eines neuen Mercedes Benz wirtschaftlich für mich undenkbar.

Gruß C.L.

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