Kommentar zum Konzessionsstop in Hamburg
Ich hätte niemals gedacht, dass wir in Hamburg tatsächlich einmal einen Konzessionsstop / Beobachtungszeitraum bekommen würden. Seitdem ich Taxi fahre hieß es immer der Kunde muss 24/7 zügigst bedient werden. Umsätze, Netto Gewinne und die Dauerbaustelle private Altersvorsorge haben die Behörde einen Dreck gekümmert.
Die interessanten Details kann man sich zwischen den Zeilen des Behördentextes zusammenreimen, wenn man die Situation in Hamburg vollumfänglich kennt. Wie kann es sein, dass wir zwischen 2020 und 2022 über 2 Millionen Fahrten verloren haben?
- Selbstverständlich vertrete ich die Position eines Einwagenunternehmers, der schon sehr lange in diesem Gewerbe arbeitet und sich an magere Umsätze und Gewinne gewöhnt hat. Ich war schockiert, als die Ortskundeprüfung bundesweit abgeschafft worden ist (August 2021) und ich bin immer noch fassungslos, welche Vögel aktuell in den Taxen sitzen und Kunden befördern. Ortskunde, Bezug zu Hamburg, gepflegtes Äußeres, Kommunikationsfähigkeit, all das ist zu oft schlicht mangelhaft. Und dazu Fahrzeuge, die zwar erst 1,5 Jahre im Einsatz sind, allerdings regelmäßig ganz schön abgekaut aussehen. Verbeulte Türen und Heckklappen, verschrammte Felgen, Reifen mit gar keinem Profil mehr an den Rädern (so eine 500PS Elektroschleuder radiert die teuren Gummis ja auch extrem schnell runter). Dabei ist es überhaupt kein Problem, dass auch ein zehn Jahre altes Taxi wie ein Jahreswagen aussieht und sich auch so fährt. Da haben wir es also wieder das Thema „Quantität vs. Qualität.“
- Ich hatte diese Woche mal wieder einen Kunden im Wagen, die europaweit sehr viel Taxi fährt. Der Konsens unserer Plauderei war, dass Taxifahren, für das was geboten wird, mindestens 1/3 zu teuer ist. Er erwartet einen gepflegten Mercedes und einen Fahrer, der ohne Navi das Fahrziel findet. Smalltalk sollte, falls gewünscht, problemlos möglich sein. Ausdrücklich beschwert hat er sich über brettharte Fahrwerke, durchgesessene Sitze und Taxifahrer, die wie die Irren durch die Stadt ballern. Zudem verwies er auf alle möglichen Alternativen um erheblich preiswerter von A nach B zu kommen. Sei es mit Uber, mit Miles & More, oder gar mit einem E-Scooter. Also muss die Fragestellung sein, ob der Mehrpreis einer Taxifahrt für den Kunden auch einen entsprechenden Mehrwert bietet?
- Die letzten beiden Tariferhöhungen (2022 um 9% und 2023 um fast 13%) wurden von vielen selbstfahrenden Unternehmern kritisch gesehen. Ich würde lieber meinen Umsatz durch eine bessere Auslastung steigern, als durch happige Fahrpreise. Denn auch diese Erhöhungen haben zu einem Umsatzrückgang beigetragen. Die grundsätzliche Frage, ob man ein Taxi überhaupt rechtskonform mit Angestellten besetzen kann und diese tatsächlich den Mindestlohn erwirtschaften, kann ich persönlich mit NEIN beantworten. Daher sollte die Behörde nicht beliebig an der Preisschraube drehen, damit MWU Mindestlöhne bezahlen können. Denn in der Konsequenz brechen uns immer mehr Kunden weg, denen Taxifahren zurecht zu teuer ist. 83,5% aller Taxen in Hamburg werden von Unternehmern mit lediglich einen einzigen Fahrzeug bewegt. Können die alle nicht rechnen???
- Direkt danach kommen wir zu meinem Lieblingsthema Moia. Eine politische / ideologische Option für eine Verkehrswende in Hamburg auf dem Rücken von Kleingewerbetreibenden. Ich bin mir sicher, dass ein nicht unerheblicher Umsatzrückgang im Taxengewerbe auf diesen Fahrdienst zurück zu führen ist und zwar ganz besonders abends und nachts. Denn Moia darf aufgrund der sog. Experiemtierklausel permanent ohne Kostendeckungsabsicht Mobilitätsdienstleistungen anbieten und will eigentlich mit diesem Projekt Erkenntnisse zum vollautonomen Fahren gewinnen. Daher ist es der VW Tochter völlig egal, wie viel Verlust bei den Fahrten anfällt. Moia fährt vom Flughafen in die Hafencity für 21€ inkl. 19% mit einem 300.000€ Kleinserienfahrzeug. Ich berechne dafür laut Taxentarif 32€ inkl. 7%. Das ist eine Wettbewerbsverzerrung die direkt auf die Taxieinahmen durchschlagen.
- Will man tatsächlich die Umsätze im Taxengewerbe nach oben korrigieren ist es unabdingbar, dass die folgenden 12 Monate für einen radikalen Abbau von Konzessionen genutzt werden. Es ist allgemein bekannt, dass sich zu viele „Kollegen“ aus der Wochenend Nachtschickt (Aushilfen ohne Ortskundeprüfung) überall illegal bereitstellen, Kurztouren ablehnen und sittenwidrige Festpreise durchsetzen wollen. Polizei und Zoll sollten daher nicht unbedingt mal wieder morgens um 10Uhr die Taxen am Flughafen kontrollieren, wo sowieso nur die alten Hasen rumhängen, sondern dürfen ihren Hintern gerne zu unchristlichen Uhrzeiten in Richtung Kiez bewegen.
Grüße C.L.
Februar 2024 – Krank und dazu viele kranke Meldungen
Während mich den halben Februar eine heftige Influenza in die Knie gezwungen hat, ist schon wieder so viel passiert, dass ich mit den Schreiben gar nicht hinterher komme.
Wieder einmal symptomatisch, womit sich Behörde, Politiker und sog. Gewerbevertreter beschäftigen. Genau wie in der Bundespolitik mit absoluten Nebenkriegsschauplätzen, peinlich und absurd ist das.
Aber es passt natürlich hervorragend ins Bild, wie unsere Branche immer wieder vor vollendete Tatsachen gestellt wird und in der Presse postuliert wird, wir wären begeistert für jeden noch so großen Schwachsinn zu haben. Sei es für Elektrotaxen, die angeblich so viele Kunden ganz toll finden. Oder sei es für Tarifkorridore, obwohl der Hamburger Taxentarif, da rein nach Kilometern berechnet, immer für dieselbe Strecke den exakt gleichen Preis ausweist. Wir haben zu 99% Festpreise und ein Tarifkorridor nutzt nur Vermittlern, die die Tarifpflicht untergraben wollen und Kunden an sich binden um diese dann an die angeschlossenen Taxen gegen Gebühr zu verschachern.
https://taxen-union-hamburg.de/verband/aktuelles/news-details/kamagne-mehrachtung.html
Genauso diese Aktion. Unfälle mit Radfahrern durch unachtsam aufgerissene Türen finde ich jetzt auch nicht so zentral für den Alltag in der Droschke. Ich gucke immer in den Rückspiegel und melde dann in Richtung Fond man könne nun gefahrlos aussteigen.
Auch wenn Uber in Hamburg kein wirkliches Problem ist, so haben auch wir insgesamt gut 350 konzessionierte Mietwagen und man fragt sich manchmal wie und womit die ihr Geld verdienen? Berlin als „shithole“ ist natürlich noch einmal eine ganz andere Nummer, wo die Aufsichtsbehörde konsequent eine Arbeitsverweigerung an den Tag lebt, anstatt die ehrlichen Kollegen zu schützen.
Und zuletzt diese Meldung. Warum sollte irgendwer an einem Deutschen Flughafen Uber benötigen? Dort stehen Taxen, diese sind in der Regel sehr gepflegt und akzeptieren Kreditkarte. Anstatt einfach ein Fahrzeug zu besteigen, wird Uber bestellt, alternativ FreeNow, oder gleich Moia. Man lungert in irgendwelchen Ecken rum und erklärt am Telefon wo man denn als Kunde gerade steht und wartet. Der Kunde macht es sich in dieser ohnehin überkomplexen Welt zu oft viel zu kompliziert.
Ich selber sehe ganz woanders Potenzial zur Optimierung. Sei es die unsägliche Ampelschaltung in Hamburg, Baustellen, die wie Pilze aus dem Boden spießen, oder gefühlt alle 1500 Meter eine Radarfalle, um die marode Staatskasse aufzufüllen. Wie wichtig wir noch lange Zeit bleiben werden zeigt letztlich auch Apple, die ihre Ambitionen zum vollautonomen Fahren beerdigt haben, nachdem sie diverse Milliarden Dollar verbrannt haben. Dumm nur wenn die Kollegen ausgebrannt und entnervt gar keine 10 Stunden Schichten mehr schaffen.
Grüße C.L.
Kann man machen ??? – Toyota Mirai II Wasserstofftaxi im Leasing
Moin liebe Leser,
gestern war ich bei Mercedes Benz in der Kollaustraße und dort standen tasächlich zehn Toyota Mirai Taxen, die kurzfristig in Hamburg eingesetzt werden sollen.
Bereits im Oktober 2021 habe ich eine Probefahrt in diesem Wasserstofffahrzeug machen dürfen und war recht angetan vom Interiour und der Technik. Wasserstoff kann nämlich innerhalb weniger Minuten getankt werden, man braucht keinen schadstoffhaltigen Akku, und die Reichweite liegt immer bei 500km plus X. Leider waren damals die Konditionen für mich als kleinen Krauter wirtschaftlich nicht darstellbar. 1095€ netto sollte die monatliche Rate sein, Zinssatz 2,99%
Da die Fahrzeuge mit einem Kennzeichenhalter von S+K bestückt waren, habe ich auf deren Webseite auch gleich die entsprechenden Konditionen gefunden.
Dieses Angebot darf nun jeder für sich ganz individuell bewerten. Offiziell ist es eh schon Ende Januar ausgelaufen. Allein die Fixkosten für zwei Jahre Nutzung belaufen sich auf 26.000€ und dabei ist die Taxi noch keinen Meter gerollt. Im Vergleich dazu mal ein schnöder VW Touran Diesel, der vor kurzem noch für 25.000€ netto zu finanzieren war und den man dann einfach 7-8 Jahre gefahren hat.
Selbst wenn man die aktuelle Förderung des Bundes für ein emissionsarmes Leasing Fahrzeug von 1500€, sowie die Förderung der Stadt in Höhe von 5000€ (ob man diese aktuell bekommt ist nicht sicher, weil die Förderungen eigentlich ausgeschöpft sind) einrechnet, so darf durchaus festgestellt werden, dass die Energiewende natürlich teuer werden wird.
Trotzdem geht der Trend in Hamburg tatsächlich wieder in Richtung Mehrwagenbetriebe. Im Laufe des Jahres 2022 sind gut einhundert neue Taxen auf die Straße gekommen, gleichzeitig gibt es aber achtundreizig Unternehmer weniger. Die Mehrwagenbetriebe haben offenbar kaum Proleme irgendwelches Fahrpersonal auf die Fahrzeuge zu setzen, weil man keine Ortskundeprüfung mehr ablegen muss. Zudem sind Anstand und Moral im Gewerbe fast gänzlich erschwunden, weil man sich mit Free Now und Uber völlig unkritisch disruptiven Plattformvermittlern anschließt. Jeder sollte doch noch wissen, das der Ex CEO von Uber vor einigen Jahren alle Taxifahrer als „Arschlöcher“ tituliert hat und Uber lieber heute als morgen Robotertaxis zum Kunden schicken möchte.
Im Unkehrschluss ist es dann auch völlig klar, dass gestandene Unternehmer natürlich nicht mit Free Now und Uber zusammen arbeiten und daher auch einen Preis in Form einer Mindereinnahme hinnehmen müssen. Und genau deshalb keinen Gedanken daran verschwenden sich einen neuen und ggf. auch umweltfreundlicheren Wagen anzuschaffen.
Grüße C.L.
Uber: We`re just fuckig illegal
Ok einen Blog noch bevor ich erst mal in den Urlaub abdüse…
Die Probleme, die es vor allem in Berlin und München mit Uber gibt, sind altbekannt und tatsächlich eine unendliche Geschichte. Dabei ist völlig klar, dass Uber kein Mensch braucht und sowieso verboten werden müsste.
Hier in Hamburg wird seit kurzem wieder damit gedroht die großen Mobilitätsanbieter zuzulassen, weil Service und Bedienfähigkeit im Taxigewerbe zu wünschen übrig lassen. Die Konzessionen für fünfhundert Moia Busse werden definitiv verlängert und erneut kümmert es keinen Entscheidungsträger, wenn eine Dienstleistung unter den Selbstkosten angeboten wird und ein Konzern sich als Datenkrake verdingen darf. Und auch das Überangebot an Share Now, Miles & More und den widerlichen Elektrorollern wird kaum kostendeckend sein.
Theoretisch bietet Taxi alles, was auch ein Kunde mit höheren Ansprüchen von einer Mobilitätsdienstleistung erwarten kann, die vielen Fehler stecken allerdings im Detail bzw. in der Bürokratie. So war es ein grober Fehler die Ortskundeprüfung für Taxifahrer bundesweit abzuschaffen, weil man der Meinung ist, Navigationsgeräte ersetzen jahrelange Fahrpraxis in der Großstadt. Genauso war es ein Fehler die Elektrotaxen am Flughafen zu priorisieren, weil diese unsoziale Benachteiligung der Diesel Kollegen direkt auf deren Motivation und ihr eigentlich sonniges Gemüt durchgeschlagen hat. Immerhin darf man konstatieren, dass die Flughafenkutscher monatlich sicherlich 500€ weniger Umsatz machen, weil die ETaxen sich ständig vordrängeln dürfen.
Durch die Corona Pandemie mit Umsatzrückgängen bis zu 80% haben sich gut vierhundert Taxen aus Hamburg verabschiedet und Nachwuchs wird sich für diese Branche kaum rekrutieren lassen. Dazu sind die Betriebskosten in Relation zum Nettoertrag einfach viel zu hoch. Problemlos kostet ein Taxi mit allen fixen und variablen Kosten monatlich 2000€, dazu kommen Pflichtbeiträge für die Krankenkasse und diverse Steuern. 2022 beträgt das durchschnittliche Nettoeinkommen in Hamburg fast 40.000€ im Jahr. Von dieser wirtschaftlichen Entwicklung ist das Taxigewerbe seit Jahren völlig abgekoppelt.
Dazu kommt der tägliche Stressfaktor durch eine konsequent rote Welle in der Stadt und Baumaßnahmen, die man schlicht nicht mehr überblicken kann. Es ist ja nun beileibe nicht so, dass das Taxigewerbe in jeder erdenklichen Situation gebauchpinselt werden möchte, aber ein bisschen Wertschätzung für unsere Arbeit wäre schon angemessen. Dazu hätte auch gehören können die Schranken in der Ankunftsebene des Flughafens für uns eben nicht gebührenpflichtig zu machen, sondern selbstverständlich kostenfrei.
Daraus kann jeder Kollege, Kunde, Verwaltungsbeamte und Verkehrssenator nun seine eigenen Schlüsse ziehen.
Tschüss C.L.
Der Spiegel : Taxifahren wird teurer
Man beachte auch die Leserkommentare!!!
Grüße C.L.
Skandal ? Jens Spahn bewirbt Uber und Co.
In unserer Telegram Taxi Gruppe habe ich zwei interessanten Bildchen gefunden, die ich unbedingt hier verlinken und kommetieren möchte. Es geht um den sog. „Impfspurt“, wo beispielsweise Moia einmal mehr Rabatte auslobt. Und zwar nicht nur für Fahrten zur / von der Impfung, sondern sogar als Dankeschön für bereits geimpfte Kunden. Noch hohler geht es ja nun wirklich kaum noch.
Es ist eine fast schon gewohnte Schweinerei, wie man hier versucht die Tatsachen zu verdrehen. Im zweiten Quartal 2021 haben die Taxifahrer hunderttausende von über achzigjährigen Mitbürgern zu den Impfzentren gefahren. Waren freundich, behilflich und selber natürlich ungeimpft, weil nicht priorisiert. Wir haben Rollatoren und Rollstühle eingeladen, haben versucht in Gesprächen diesen Menschen ihre Ängste zu nehmen und den ganzen Krempel auch noch gegen Provision umständlich und teuer mit dem Hansafunk / Free Now abgerechnet.
Im zweiten Quartal 2021 war Moia in Hamburg nicht verfügbar, die Mitarbeiter in staatlich alimentierter Kurzarbeit und auch Uber hatte wahrscheinlich keinen einzigen Wagen hier auf der Straße.
Jens Spahn sollte also folgerichtig nicht die Lobby Werbetrommel rühren, sondern sich einmal objektiv informieren, wer bis Dato hier ganz besonders engagiert war. Nämlich das namen- und gesichtslose Kleingewerbe in hellelfenbein.
Grüße C.L.
ZDF Mediathek : Taxi gegen Uber
Moin liebe Leser,
die aktuelle ZDF Dokumentation „Taxi gegen Uber“ bringt für interessierte Kollegen leider keinen neuen Erkenntnisgewinn. Vielleicht aber neue Information für Kunden, die abseits einer Geiz ist geil Mentalität einen Blick hinter die Kulissen des harten und unfaieren Mobilitätswettberbs werfen möchten.
https://www.zdf.de/dokumentation/zdfzoom/zdfzoom-taxi-gegen-uber-102.html
Grüße C.L.
Rückblick auf ein Jahr Corona Pandemie
Inspiriert durch einen längeren Artikel im Hamburger Abendblatt habe ich nun auch in die Tasten gehauen und möchte über ein Jahr Corona aus Sicht des Taxigewerbes berichten.
Leider nur mit Abo lesbar.
Mitte März 2020 war auch für die Hamburger Taxifahrer klar, dass der Virus Ausbruch in Wuhan für unsere Geschäfte nicht folgenlos bleiben würde. Reise- und Kontaktbeschränkungen wurden diskutiert und umgesetzt, in Hamburg gab es erste Fälle dieser Erkrankung. Ratlosigkeit und Angst machte sich breit. Damals konnte noch niemand ahnen, dass uns alle diese Situation wenigstens 18 Monate lang beschäftigen würde.
Da für uns Fahrten mit Geschäftsleuten, Touristen und zu diversen Events komplett wegbrachen, stürzten die Umsätze ins Bodenlose ab. Als Warnschuss damals die Absage der Internorga im März 2020. Durch die Soforthilfen von Bund und Land wurde die Kasse allerdings schnell wieder gefüllt und so reichte das Geld zumindest für das zweite Quartal 2020, wo ich einen Umsatzrückgang von 80% zu verzeichnen hatte. Zeitgleich mussten auch die Schüler zu Hause bleiben und als Familie unternahm man erste zaghafte Versuche in Richtung digitales Lernen und Homeshooling.
Das dritte Quartal 2020 fühlte sich dann in vielen Lebensbereichen fast normal an. Wir waren in den Sommerferien im Kurzurlaub, die Taxiumsätze waren zumindest wieder bei 50% der normalen Einnahme, und das neue Schuljahr begann in Klassenräumen mit Fenstern auf Kipp.
Leider stiegen ab Oktober die Fallzahlen wieder deutlich an, so dass es ab November einen Lockdown light gab und zu Beginn des Jahres 2021 einen harten Lockdown. Immerhin durften wir uns nicht einmal mehr mit vier Personen zum Doppelkopf spielen treffen und die Kontakte der Kinder wurden auf einen Freund begrenzt. Nebenbei bemerkt sind auch unsere Geburtstagsfeiern allesamt ersatzlos gestrichen worden.
Im Zusammenhang mit diesen bereits bekannten Beschränkungen gab das Taxigeschäft abermals nur ein Taschengeld her, in fast allen Fällen reichte und reicht der Umsatz nicht, um wenigstens fixe- und variable Kosten decken zu können.
Langeweile kam bei mir trotzdem nicht auf, waren doch die Kinder erneut im Homeshooling und wurden nun von ihren Lehrern mit Massen von Arbeitsmaterial beglückt.
Zähneknirschend habe ich im Januar 21 meine Free Now App wieder eingeschaltet, wo ich doch hier im Blog im Oktober noch rumtönte zu den neuen und deutlich teureren Konditionen keinesfalls mehr Touren von Free Now fahren zu wollen. Ich empfinde es immer noch als Frechheit, dass Free Now im Oktober 2020 die Gebühren für die Vermittlung um 70% erhöht hat. Aktuell sehe ich aber leider keine Alternative, wenn man überhaupt noch ein bisschen Umsatz generieren will.
Durch die ständige Präsenz des Covid19 Themas verliert man schnell aus den Augen, was in Hamburg sonst noch auf den Straßen passiert ist. So haben wir Autofahrer im Jahr 2020 erneut reichlich Straßenzüge an die Radfahrer abgeben müssen, der Jungfernstieg ist im Oktober autofrei geworden und geblitzt und kontrolliert wird in unserer schönen Stadt seit Monaten auf Teufel komm raus. Da merkt man schon wie nötig das Staatssäckel wieder gefüllt werden muss.
Während die Moia Flotte seit Dezember steht, weil keine Nachfrage da ist, kommt VW bereits mit dem nächsten Shared Mobility Projekt nach Hamburg und möchte nun mit achthundert Fahrzeugen Share Now Konkurrenz machen.
https://www.zeit.de/news/2021-02/19/startschuss-fuer-weshare-in-hamburg-800-e-autos
Bezeichnend wie unsere gewählten Volksvertreter die Mobilitätswende mit Großkonzernen vorantreiben, während wir Kleinunternehmer davon lediglich durch Pressemitteilungen erfahren. Da erkennt sich sicher auch jeder Lehrer wieder, der durch die Presse erfährt, wie es nach den nächsten Schulferien weitergeht und nicht etwa durch Schulsenator oder Schulleitung.
Moia und nun auch WeShare bieten eine Dienstleistung unterhalb der Selbstkosten an und verrechnen Verluste mit den Gewinnen aus anderen Geschäftsfeldern. Und wenn das Geschäft nicht läuft, schickt man seine Mitarbeiter in Kurzarbeit und der Steuerzahler kommt für diese fragwürdigen Projekte auf. Im Grunde verfolgt Uber eine ähnliche Strategie, wobei die Plattform einfach gierig 25% vom Fahrpreis als Provision kassiert und Kosten und Verantwortung auf Subunternehmer, die zu Hungerlöhnen arbeiten, abwälzen. Steuern zahlt dieses Unternehmern, was innerhalb der letzten drei Jahre 20 Milliarden Dollar Verlust gemacht hat, wenn überhaupt in den Niederladen. Und das wird dann auch noch unseren Politikern als Innovation verkauft, die sogar das PBefG zugunsten der Global Player novellieren.
Abschließend will ich positiv erwähnen, dass es für mich kein Problem war die Anträge für November-, Dezember-, sowie Neustarthilfe zu stellen und das das Geld schnell und unkompliziert auf meinem Konto gelandet ist. Finanziell muss ich mir also bis weit ins Jahr 2021 hinein keine Sorgen machen. Perspektivisch aber sehr wohl…
Grüße C.L.
Mytaxi : past, present & future
Im April 2010 startete Mytaxi seine App basierende Taxivermittlung in Hamburg. Damals noch unter dem Namen Onetouchtaxi. Ich gehörte damals zu den ersten 100 Taxifahrern, die dieser neuartigen und vor allem preiswerten Vermittlung eine Chance geben wollten. Bis dato gab es nämlich in Hamburg ausschließlich Taxizentralen, die durch horrende Funkbeiträge, launischen Tourenoutput und rückständige Unternehmensstrukturen negativ auffielen. Damals war die größte Taxigruppe in Hamburg, ca. 1500 Taxen, ohne Funkanbindung unterwegs.
Von 2010 bis 2014 vermittelte Mytaxi Fahrten zum Festpreis von 79 Cent das Stück. Ende 2014 hat Daimler Mytaxi gekauft.
Von Anfang 2014 bis Mitte 2015 konnten Taxifahrer mittels eines Schiebereglers zwischen 3 und 15% vom Wert zu Tour bieten. Das freundliche Miteinander wurde in der Folge durch konkurrierende Taxler und Gier nach Umsatz geprägt.
Ab Sommer 2015 wurde eine feste Provision in Höhe von 7% des Fahrpreises festgelegt. 7% überstiegen die ursprünglichen 79 Cent fast immer, bei einer Flughafenfahrt für 30€ um satte 250%.
2016 fragte ich nach Türwerbung, was mir und meiner acht Jahre alten E-Klasse verweigert wurde. 2010 war man noch dankbar, dass man meinen damals siebzehn Jahre alten Benz (s.o.) bekleben durfte. Mir wurde mitgeteilt, dass die Generation Z, die gerne für Fußwege ein Taxi bestellt, mit Neuwagen für 6-8€ gefahren werden möchte.
Seitdem, also seit drei Jahren, habe ich die App nur noch sporadisch an und fahre dann und wann mal eine Tour. Mit den internen Algorithmen (Gold-, Silber- und Bornzestatus, Prio Status) konnte ich eh nie so recht was anfangen. Ich möchte keine 10 Punkte pro Fahrt, sondern eine anständige Tourenqualität, freundliche Kunden und eine transparente Vermittlung.
Noch im November 2018 bewarb Mytaxi unsere Partnerschaft mit dem Slogan :
„Mytaxi vermittelt dir täglich mehr Touren – für deine finanzielle Sicherheit.“
Der blanke Hohn, wenn man weis, was seither passiert ist. Mytaxi ist zuerst einmal vorgeprescht und hat (aus Angst vor Moia?) einen völlig unausgegorenen Match Tarif eingeführt. Wohl mit der Behörde abgesprochen, aber nur mit wenigen ausgewählten Mytaxi Unternehmern. Neu an diesem Match Tarif sind nicht nur erheblich günstigere Fahrpreise ohne Taxameter, sondern auch die Tatsache, dass der Rabatt nun plötzlich nicht mehr vom Mutternkonzern Daimler ausgeglichen wird, sondern wir Kleingewerbetreibende noch weniger verdienen sollen.
Dazu ein kleiner Exkurs :
12/2017 : Mytaxi führt Match ein und bezuschusst das Geschäft mit 50% wenn kein Match Partner gefunden wird. Der Taxifahrer bekommt den vollen Fahrpreis, weil er an die Tarifpflicht gebunden ist.
05/2018 : Mytaxi bietet Match erst ab 18Uhr an und reduziert den Zuschuss auf 30% wenn kein Match Partner gefunden wird. Der Taxifahrer bekommt weiterhin den vollen Fahrpreis ausgezahlt.
04/2019 : Mytaxi bietet in Hamburg nach Absprache mit der Behörde Festpreise für Match Fahrten an. Match Fahrten ohne Partner werden bis zu 50% unter Taxitarif angeboten, die Verluste sollten die Kleingewerbetreibenden nun selber tragen. Argumentiert wird damit, dass bei erfolgreichen Match der Fahrpreis deutlich über Tarif liegt. Leider fährt der Kunde bei Match Bestellung, ähnlich wie bei Moia, zu 90% allein. Das heißt Match funktioniert nur in der Theorie, in der Praxis soll er unseren kargen Lohn weiter mindern.
Von den geschätzt 1500 Taxen, die mit der Mytaxi App. arbeiten sind höchstens die Hälfte für diese Option freigeschaltet. Der Rest ist unwillig und kann rechnen. So ist es kein Geheimnis, dass sich Kurztouren mit Fahrpreisen zwischen 6 und 10€ selbst nach dem gültigen Hamburger Taxitarif im Grunde nicht lohnen.
So sagte der Kollege Ivivca Krijan auf einer MT Infoveranstaltung im Mai 2019 in Hamburg völlig zurecht : Es ist nicht die Aufgabe von Mytaxi sich auf einen ruinösen Wettbewerb mit Uber und Moia einzulassen, sondern den Politikern zu erklären, dass Mobilität niemals legal günstiger sein kann, als aktuell zu behördlich festgelegten Taxitarifen.
Ich selber kam auch zu Wort und wies auf den Widerspruch hin, dass der Kunde einerseits mit einer neuen E-Klasse für 40.000€ netto befördert werden möchte, aber nicht bereit ist dafür 10€ zu bezahlen.
Und ein weiterer Kollege schlug vor, dass sich Mytaxi bitte mit dem Begriff „Umsatzrendite“ beschäftigen soll und zwar möglichst bevor die Kollegen vor vollendete Tatsachen gestellt werden.
Selbstredend ist der Match Tarif ein Vorgeschmack auf die freenow Mietwagenflotte, die Daimler und BMW als Gegengewicht zu Uber in deutschen Großstädten etablieren wollen. Mytaxi wird zu freenow und die Mytaxi App. zu einer Multiservice Plattform. Taxen spielen bei diesem neuen Konzept eine untergeordnete Rolle. Zuerst möchte man den Bestellern einen Mietwagenservice zu günstigen und preiselastischen Fahrpreisen schmackhaft machen, um dann später irgendwann einmal als Mobilitäsdienstleister mit Robotertaxis Kasse zu machen.
Besonders perfide die Behauptung man müsse auf Uber mit Mietwagen reagieren, da dieses Unternehmern ansonsten alle Fahrgäste in deutschen Großstädten bedienen würde. Man müsse dem preissensiblen Kunden neue Mobilitätsangebote nach Maß schneidern.
Ich kann das rechnen wie ich will, es kommt kein Gewinn bei diesem Geschäftsmodell raus. Der Taxi fährt zum ermäßigten Mehrwertsteuerssatz von 7%, ein konzessionierter Mietwagen muss 19% abführen. Eine Mytaxi Tour kostet 7% Provision, für Mietwagen wird wohl mit 15% kalkuliert. Zudem soll die Fahrt maximal 70% einer Taxifahrt kosten.
An einer 15€ Taxifahrt verdiene ich 4,50€ netto. Eine Mietwagenfahrt soll demnach 10,50€ kosten, davon verbleiben 30% als Umsatzrendite = 3,15€. Abzüglich o.g. 11% mehr Mwst. und 8% mehr Provision auf 10,50€ = 2€ zusätzliche Kosten = 1,15€ Gewinn für den (Sub)unternehmer.
Als Match Tour ergibt sich folgende Rechnung : Die Fahrt wird zum Festpreis angeboten. 50% vom Taxameterpreis = 7,50€ Umsatz = 2,25€ Gewinn. 70% vom Taxameterpreis = 10,50€ Umsatz = 3,15€ Gewinn.
Fairerweise sei gesagt, daß Mytaxi am Anfang diese Fahrten mit 5€ extra sponsort. So werden also aktuell aus 7,50€ Umsatz 12,50€ = 3,75€ Gewinn bzw. 10,50€ Umsatz = 15,50€ Umsatz = 4,65€ Gewinn.
Für mich stellt es sich so da : Wir waren willige Idioten, die Mytaxi geholfen haben eine Riesenmasse an Daten zu sammeln. Kundenadressen, Fahrgewohnheiten, Kreditkartendaten. Nun ist eine kritische Masse erreicht und man braucht Taxi nicht mehr. Mietwagen können zu eigenen Konditionen fahren, haben flexible Tarife und sind, weil sie ausschließlich Bestellungen fahren dürfen, 100% abhängig von der App. Die Flexibilität eines Taxis, das auch am Stand auf Kunden warten darf, gibt es nicht. In vielen Jahren dann übernehmen die Robotertaxis das Geschäft. Zum Wohle eines Großkonzern und für die Dividende der Aktionäre.
Als Konsequenz dieser wenig erfreulichen Vorgänge hat sich ein neuer deutscher Taxiverband gegründet, die Föderation freier Taxen Deutschland e.V. der kurzfristig eine gewerbeeigene Vermittlungsapp entwickeln wird.
to be continued…
Grüße C.L.